Medizinische Berufe haben viele Vorteile. Einer davon ist, dass man sich meistens auf der richtigen Seite der Nadel befindet. Aber wir sind doch alle Menschen, und auch Ärzte werden manchmal krank (genauso wir Frisieure auch mal schlechte Frisuren und Schuster eben schlechte Schuhe haben).
Vor zwei Jahren habe ich mir bei einem Schlittenunfall (jaja, Schlittenfahren ist viel gefährlicher als Snowboard!) ein Kreuzband gerissen. Meine Erfahrungen in der Unfallchirurgie waren damals, im 7. Semester, gleich null. Ich habe mich an einen guten Arzt gewendet und durch ihn an einen Unfallchirurg gekommen, der mich im Endeffekt operiert und mir ein neues vorderes Kreuzband aus einer anderen Sehne gebastelt hat (wer mehr über anatomische Grundlagen und Einzelheiten zur operativen Versorgung eines Kreuzbandrisses wissen möchte, kann es gerne hier nachlesen).
Die Operation ist gut verlaufen, die postoperative Rehabilitation ebenfall. Heute erinnern mich nur zwei kleine Narben am linken Knie daran, dass ich auch mal auf dem OP-Tisch gelegen habe.
Seit zwei Jahre warte ich jedoch darauf, diese Operation auch mal im wachen Zustand mitzuerleben. Mich hat es immer interessiert: Wie wird es denn alles gemacht? Ein neues Kreuzband aus einer anderen Sehne? Wie funktioniert es?
Diese Woche war mein Warten zu Ende. Ich habe bei einer Kreuzbandplastik zugesehen. Diese Erfahrung hat mich verändert.
Bereits beim Abdecken der Patientin wurde mir zum ersten Mal klar: Ich war auch mal an ihrer Stelle und wurde genauso mit grünen OP-Tüchern zugedeckt. Es war im Raum während meiner Operation genauso dunkel, wie hier. Alle waren steril angezogen, die OP-Schwester stand neben drei Tischen und reichte die Instrumente an. Und ja, es war genauso dergleiche Bohrer damals, und der Stift war auch so groß.
Als der Operateur mit einem Sehnenstripper die Sehne entnommen hat, aus der später ein neues Kreuzband werden sollte, erinnerte ich mich an den Schmerz im Oberschenkel, den ich beim Aufwachen nach der Narkose gespürt habe. Darurch konnte ich damals den Verlauf der Sehne sehr gut nachvollziehen.
Im Endeffekt war diese Operation die schwierigste für mich, auch wenn ich dabei nichts zu tun hatte und nur zugesehen habe. Die Mischung aus Empathie und Erinnerungen überflog mich und hat für komische Gefühle gesorgt. Ich bin aber trotzdem froh, bei der Operation gewesen zu sein: Es ist wie bei einem Theraterstück hinter die Kulissen schauen zu können, und das habe ich mir auch schon immer gewünscht.
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