Freitag, 21. Juni 2013

Woche 43. Der arabische Frühling in Berlin

Letzte Woche habe ich schon von meiner Begegnung mit der Weltpolitik erzählt. Diese Woche habe ich eine andere Seite der Medaille gesehen, die weit weniger heiter ist.

Ich war bei einer Operation eingeteilt, wo ein nicht verheilter Bruch des Oberschenkelknochens erneut versorgt werden sollte. Auf dem OP-Tisch sah ich einen jungen Mann mit vielen schlimmen Narben, die sein rechtes Bein bedeckten, an der rechten Hand fehlten der Daumen und zwei Finger.

Der Mann sollte vom Chefarzt operiert werden, außerdem waren für die Operation drei weitere Assistenten eingeteilt. Am Anfang dachte ich, es wird doch viel zu eng und ich werde eher nichts sehen und nichts machen können. Von wegen! Die Aufgabe war so anspruchsvoll, dass es für jeden genug zu tun gab.

Als erstes musste der Marknagel raus, mit dem der Bruch vor 1,5 Jahren ursprünglich versorgt wurde. Alleine das hat uns viel Arbeit gekostet: Es war nicht einfach, alle kleinen Schrauben zu finden und sie zu lösen.

Doch irgendwann war das Ding draußen. Zurück blieb ein riesiger Oberschenkelknochen, der in der Mitte gebrochen war. Die Frakturenden konnten im Laufe der vergangenen Zeit nicht zueinander finden und waren nun deutlich verdickt. Nachdem der Chefarzt das überflüssige Bindegewebe abgeschnitten hat, hat man gesehen, dass dazwischen ca. 5 mm Platz war, die Enden ließen sich also nicht adaptieren.

Die Lösung lag in einer "autologen Transplantation". Dabei wird Knochenmaterial vom Beckenkamm entnommen und in den Frakturspalt platziert. So bleibt kein Platz dazwischen und der Knochen kann wieder zuwachsen.

So war es auch geplant. Doch der Defekt hat sich so groß herausgestellt, dass der Operateur sogar auf Fremdtransplantate zurückgreifen musste, insgesamt 8 cm³ hat er verwendet. Dazu kam noch das Eigenmaterial, es war also ordentlich zu stopfen.

Am Ende wurde der Knochen mit einer Platte stabilisiert. Es waren alles sehr aufwendige Verfahren, und die Operation hat insgesamt 5 Stunden gedauert. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, woher der Patient diese ganze Verletzungen hat und fragte am Ende den anderen Assistenten. Durch eine Bombenattentat, - war die Antwort. Unser Patient war vor 1,5 Jahre Polizist in Libyen und ist dabei von einer Bombe verletzt worden.

Wie ich im letzten Eintrag schon geschrieben habe, wird so die Weltpolitik auf einmal ganz nah. Aber diesmal auf eine ganz erschreckende Art und Weise, die mich hoffen lässt, nie einen Krieg erleben zu müssen.

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