Schon wieder muss ich auf russische Sprichwörter zurückgreifen, wenn ich an meine Arbeit denke. Diesmal ist es "Wer schlägt, der liebt". Meiner (modernen) Ansicht nach, ein komisches Überbleibsel aus der Zeit von "Domostroj", einem Buch aus dem 16. Jahrhundert mit Ratschlägen oder eher Richtlinien, wie man seinen Haushalt führen soll (wiki). In diesem schönen Buch gibt es nämlich auch genug Vorschläge, wie die Ehefrau zu erziehen ist: "Schlage Dein Weib jeden Tag außer sonntags. Schage sie mit allem außer mit einem Ofenhaken oder einer Deichsel".
Diese Sätze wird in Russland öfters zitiert, wenn es mal um die alten Lebensweisen und die Traditionen geht. Doch manche Männer, auch hier in Deutschland, leben anscheinend immer noch danach. Denn anders kann ich mir es nicht erklären, dass es heutzutage so viele Opfer der häuslichen Gewalt gibt.
Vorletzte Woche hatten wir eine solche Patientin in der Rettungsstelle, diese Woche wieder. Zwei ganz unterschiedliche Frauen, die eins verbindet: Blaue Flecken, psychischer Schock, Verletzungen nicht nur am Leib, sondern auch an der Seele.
Was werden sie wohl gefühlt haben, als der (einst) geliebte Mensch plötzlich auf sie losging? Sie erzählen von dem Vorgang, etwas monoton, aber man sieht ihnen an, dass sie gerade das Ganze vor dem inneren Auge Revue passieren lassen. Und wieder und wieder diesen Schmerz spüren.
Man sagt, Wörter können manchmal mehr weh tun als Schläge. Das mag sein. Aber in einer Liebesbeziehung, die gerade auf Vertrauen und Hingabe basieren soll, ist doch beides fehl am Platz! Ich leide mit diesen beiden Frauen, die ich gesehen und untersucht, mit denen ich ausführlich gesprochen habe, voll mit. Und ich wünsche ihnen und tausenden anderen, die vielleicht nicht mal die Mut finden, darüber zu sprechen, vom ganzen Herzen, dass sie aus diesem Teufelskreis rauskommen, dass sie irgendwann wieder frei werden.
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