Wagen mit Blaulicht, die sicher und souverän ihren Weg durch die überfüllten Straßen einer Stadt finden, ziehen immer Blicke auf sich. Wenn ich einen Rettungswagen oder einen Notarztwagen mit Blaulicht sehe, versuche ich mir immer vorzustellen, was sich hinter den blickdichten Fenstern wohl abspielen mag.
Und ich freue mich, dass ich schon einige Male dabei sein durfte. Seit dem 9. Semester fahre ich immer wieder mit dem Notarzt mit und habe dabei schon einige spannende Geschichten erlebt.
Ein Vorteil der Arbeit auf meiner jetzigen Intensivstation ist, dass solche Hospitationen nun als Arbeitszeit gelten, man darf nur nicht damit übertreiben. Gestern habe ich meine Chance wieder genutzt.
Wir hatten viele interessante Einsätze. Zwei sind mir besonders in Erinnerung geblieben: Bei einem ging es um einen kleinen, gerade mal ein Jahr alten Jungen, wegen dem wir durch die ganze Stadt über 30 Minuten fahren mussten und der diese ganze Zeit zu Hause gekrampft hat. Es war ein Fieberkrampf, der Kleine hatte eine Erkältung und seine Körpertemperatur betrug 39°C. Die Mutter war außer sich vor Sorge, vor Ort versuchten alle sie zu beruhigen.
Wir mussten weitere 15 Minuten fahren, um zum nächsten Krankenhaus mit einer Kinderabteilung zu gelangen. Der Arzt versuchte, die Mutter von den Sorgen abzulenken und erzählte ihr von seiner eigenen Tochter, die am selben Tag Geburtstag hatte, wie der Kleine, nur eben "vor 30 Jahren".
Ein anderer Fall bescherte mich mit einer besonderen Entdeckung: Ich hatte es nie gewusst, dass es im Hauptbahnhof eine Polizeiwache gibt! Dorthin wurden wir gegen das Ende der Schicht gerufen. Ich habe vorher noch nie eine Wache von innen gesehen, es war voll wie im "Tatort"!
Unser Ziel war eine Ausnüchterungszelle, unser Patient ein Pole ohne festen Wohnsitz, dafür mit einem Haftbefehl. Ein paar Polizisten wollten auf dem Bahnhof seine Papiere kontrollieren, dabei ist er handgreiflich geworden. Sie haben ihn festgenommen und in die Zelle gebracht, dort ist er zusammen gebrochen, und ein Notarzt wurde gerufen. Vor Ort konnten wir keine schwerwiegende Krankheit und auch keinen Notfall feststellen, der Mann war schlichtweg voll betrunken. Als wir da waren, ist er etwas wacher geworden und hat alle um sich herum beschimpft.
Der Notarzt sah keinen Handlungsbedarf, wir sind wieder weggefahren. 20 Minuten später kam erneut ein Alarm, aus der selben Wache. Nun sei der Mann erneut bewusstlos geworden und habe auf dem Boden gekrampft. Wir fanden ihn entspannt auf dem Boden liegend vor, er konnte ohne große Umstände wieder geweckt werden. Da die Polizisten sich damit überfordert fühlten, hat der Arzt entschieden, dass der Patient nun doch ins Krankenhaus soll. Er ist im Rettungswagen in Polizeibegleitung weggefahren worden.
Das war mein letzter Einsatz. Ich wäre gerne noch länger geblieben, aber nach 12 Stunden Schicht muss auch irgendwann mal Schluss sein. Umso mehr freue ich mich aufs nächste Mal mit Blaulicht und Tatütata.
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