Samstag, 20. April 2013

Woche 34. Schmerzhaft

Ich gebe zu: Unfallchirurgie kann Spaß machen! Vor allem in der Rettungsstelle und vor allem abends, wenn der alltägliche Krankenhaustrubel sich etwas beruhigt hat.

Die Frühschicht vom Pflegepersonal geht, in der Spätschicht sind gefühlt ein paar Leute weniger, sodass es dann auch nicht mehr so voll in den kleinen Räumen ist. Wenn viele Patienten im Warteraum sitzen, vergeht die Zeit wie im Flug, ansonsten kann man sie mit genug Smalltalk vollstopfen.

Nachmittags oder abends ist dann die höchste Zeit für die Stammkunden der Unfallchirugie: Betagte Patienten meistens aus einem Pflegeheim, die aus dem Bett gefallen / auf den Fliesen ausgerutscht / an der Treppe gestürzt sind. Sie alle erwartet das gleiche Programm: Anamnese = "Wo tut's denn weh?", körperliche Untersuchung = an der besagten Stelle fröhlich rumdrücken, Röntgen des Beckens und der Hüfte = dem Feind ins Gesicht blicken.

(Dieses Szenario habe ich letzte Woche so oft erlebt, dass ich gestern im Rahmen der Prüfungsvorbereitung eine recht komplizierte Frage zu Schenkelhalsfrakturen richtig gekreuzt habe und nun recht stolz auf mich bin!)

Ein Knochenbruch kann jedoch unter Umständen schon ein paar unangenehme Momente bereiten. Ich finde es aber jedes Mal voll erstaunlich, wie unterschiedlich Menschen mit Scherzen umgehen.

Da gibt es eine alte Oma, die, wie wir später auf dem Röntgen-Bild sehen, sich vor kurzem einem komlizierten Schenkelhalsbruch zugezogen hat, bei der Untersuchung aber nicht im geringsten das Gesicht verzieht. Eine junge Frau, Mutter zwei Kinder, hält nach dem Sturz ihren Unterarm zwar fest, bleibt mit der Stimme aber nach wie vor ruhig, auch wenn der Arzt die zweifellos schmerzhafte Untersuchung beginnt.

Da ist ein 12-jähriges Mädchen, das gestern barfuß auf einen rostigen Nagel getreten ist, jetzt ist die Stelle gerötet und muss aufgespalten werden - sie klammert sich währenddessen an ihre Mama und schluchzt ganz leise. Eine 40-jährige Motorradfahrerin, die auf der Straße mit ihrem Motorrad umgekippt ist, zuckt zusammen und wird laut, sobald der Arzt die Platzwunde an ihrem Knie nur anfässt.

Ganz außen steht ein 55-jähriger Mann, der solche starken Schmerzen in der Hüfte hat, dass nicht mal eine Röntgenaufnahme klappt. Es besteht starker Verdacht auf eine Entzündung des Oberschenkelkopfes, er wird operiert.

Vollkommen unterschiedliche Geschichten, die nur eins vereint - Schmerz. Das ist der Alltag der Unfallchirurgie.

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