Dem Medizinstudium ist unter anderem eine erhebliche Größenzunahme meines Wortschatzes zu verdanken. Dank diesen sechs Jahren bin ich nicht nur bestens informiert, was sich hinter der Beschreibung "supranasale Hypoaxonie" verbirgt, sondern kann fast alles in meinem Leben auf Fachchinesisch wiedergeben.
Medizinisch ist tatsächlich eine Sprache an sich. Häufig wird sie verwendet, um schnell und effizient präzise Informationen auszutauschen. Aber ab und zu kommt sie auch in Form einer Geheimsprache zum Einsatz, wenn es darum geht, dass Patienten nicht umsonst alarmiert werden oder um etwas unschönes zu verschleiern.
In diesem Sinne greift man häufig zu dem schönen Wort "iatrogen" zurück. Denn dieses Wort bedeutet nicht mehr, als "durch einen Artz verursacht".
Wir wissen alle, dass es keine Medikamente ohne Nebenwirkungen gibt (und wer es immer wieder vergisst, wird von der freundlichen TV-Werbung darauf hingewiesen). Ich musste auch schon mehrmals den Schaden, der durch die von mir verschriebenen Tabletten entstand, mit eben noch mehr Tabletten ausgleichen. Bisher gelang es mir ziemlich gut. Doch meine größte Angst ist, dass das Glück eines Tages nicht mehr auf meiner Seite ist.
Das kann einem sehr schnell passieren. Egal was man tut - jetzt auch mal abgesehen vom Arztberuf - Fehler sind unvermeidbar. Aus Fehlern lernen wir, und die Erfahrung hilft uns, sie in der Zukunft mehr oder weniger zu vermeiden.
In meiner Lieblingsarztserie "Scrubs", die ich hier, glaube ich, auch schon ein paar Mal erwähnte, sagt man dem jungen Arzt J.D.: "Immer, wenn du deinen Dienst beginnst, stehst du mit einem Bein im Knast". Gerade Ärzte, die ja darauf trainiert sind, den menschlichen Körper zu verstehen, sind in bester Lage, ihm schlimme Schäden zuzufügen.
So einen Fall habe ich diese Woche erleben dürfen. Ich habe mit dem Patienten nichts zu tun, ich habe ihn weder betreut noch bin irgendwie anders an seinem Unglück schuld. Aber es tut mir so richtig an der Seele weh, einen jungen Mann so schnell und so plötzlich dahingleiten zu sehen. Ich kann nur hoffen, dass ich von diesem Schicksal, von der Gefährdung des menschlichen Lebens verschont werde.
Als Trost bleibt mir aber nur die Weisheit der alten Römer: Primum non nocere, zuerst einmal nicht schaden. Und daran halte ich fest.
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