Freitag, 27. Februar 2015

Rest now, my warrior

Vor kurzem ist wieder ein Patient seinem Krebsleiden erlegen. Es war, glaube ich, der letzte von den Patienten, die ich damals vor einem Jahr als Frischling auf der Krebsstation behandelt habe.

Alter Soldat, sah er mit seiner schiefen Nase wie ein Profiboxer aus. Am Anfang hatte ich sogar wegen seiner schroffen Art richtig Angst vor ihm. Doch als wir uns im Laufe der zahlreichen stationären Aufenthalte besser kennen lernten, freundeten wir uns auch an.

Jedes Mal in der letzten Zeit, wenn er auf unsere Station kam, erhellte sich sein Gesicht zu einem warmen Lächeln. Er wollte nie zugeben, dass es ihm immer schlimmer ginge und dass er nun den Haushalt kaum bewältigen kann. Das verriet mir dann seine Frau. Während des gesamten Jahres konnte ich zusehen, wie er zunehmend schwächer wurde, und die Krankheit die Oberhand gewann.

In den letzten Monaten und Wochen ist von meinem tapferen Krieger nur ein Schatten übrig geblieben. Am Ende konnte er vor Schmerzen nicht mehr richtig laufen, saß im Rollstuhl und schob es mit seinen - immer noch - kräftigen Armen im Flur hin und her. Jeden Tag fuhr er so an die frische Luft - was natürlich so viel wie das Codewort fürs Rauchen bedeutet. Ich kam zur Arbeit, er saß unten vor der Tür und grüßte mich fröhlich.

Gegangen ist er ganz plötzlich (auch wenn der diensthabende bei der Übergabe es als "erwartet" bezeichnete). An einem Wochenende wurde die auch zuletzt schon bemerkbare Verwirrtheit immer doller, er versuchte, aus dem Bett zu kommen und stürzte wiederholt. Irgendwann ist er so schlapp geworden, dass er nur noch da lag. Und dann ist er dahingeschwebt.

Einerseits finde ich schade, dass ich ihn in den letzten Stunden und Minuten nicht begleiten konnte. Andererseits ist es sogar besser so: Es wäre so gewesen, als hätte ich einem Freund beim Sterben zusehen müssen. Denn das war er eindeutig: ein Freund.

Schlaf schön, alter Krieger. Deine Schlachten sind nun vorbei, und es ist jetzt nur die ewige Ruhe, die darauf wartet, dich zu umhüllen und zu verbergen. Schlaf schön. Das hast du dir verdient.

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